BMI-Rundschreiben

Aktenzeichen: D1-30101/1#4
Berlin, 9. März 2015


BMI bittet um großzügige Verfahrensweise. Der bestehende Auslegungsspielraum soll im Einzelfall soweit ausgeschöpft werden, dass sich das Ergebnis möglichst nahe an dem geltenden Recht für Tarifbeschäftigte orientiert.

Am 1. Januar ist das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten (BGBl. I S. 2462). Mit dem Gesetz werden die für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bestehenden Regelungen im Pflegezeitgesetz (PFlegeZG) und im Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)weiter entwickelt und besser miteinander verzahnt.

 

Das Gesetz enthält im Wesentlichen folgende Neuerungen:

  1. Der Anspruch auf Familienpflegezeit und der Anspruch auf Pflegezeit werden miteinander verzahnt. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen 24 Monate.

  2. Es wird ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit eingeführt.

  3. Die Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes in einer außerhäuslichen Einrichtung wird einbezogen.

  4. Es wird die Begleitung in der letzten Lebensphase von nahen Angehörigen einbezogen.

  5. Der Begriff der „nahen Angehörigen“ wird erweitert, indem die Stiefeltern, lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften, Schwägerinnen und Schwäger aufgenommen werden.

  6. Beschäftigte, die Freistellung aufgrund des Familienpflegezeitgesetzes beziehungsweise des Pflegezeitgesetzes in Anspruch nehmen, erhalten zur besseren Absicherung des Lebensunterhalts einen Anspruch auf Förderung (Gewährung eines zinslosen Darlehens seitens des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben).

  7. Die bis zu zehntägige Arbeitsverhinderung für Beschäftigte, die kurzfristig Zeit für die Organisation einer neuen Pflegesituation benötigen, indem ein Anspruch auf Pflegeunterstützung analog dem Kinderkrankengeld eingeführt wird.

Die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entspricht den Zielen, die die Bundesregierung in ihrer Demografiestrategie auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes als attraktiver und moderner Arbeitgeber verfolgt. BMI prüft daher derzeit, wie die neuen Regelungen auf den Bereich der Bundesbeamten und-innen übertragen werden können. Hierzu ist ein entsprechendes Gesetzes- und Verordnungsvorhaben geplant, das in der zweiten Jahreshälfte in Angriff genommen werden soll.

Bis zu einer Übertragung der o.g. Regelungen auf den Beamtenbereich durch Gesetz und Verordnung bitte ich vorübergehend wie folgt zu verfahren:

zu 2.: Anspruch auf Familienpflegezeit:

Werden Beamte und Beamtinnen Anträge auf Familienpflegezeit nach § 92a Bundesbeamtengesetz (BBG) gestellt, bitte ich im Vorgriff auf die geplante gesetzliche Anspruchsregelung und in Anlehnung an die Verbesserungen für Tarifbeschäftigte, großzügig zu verfahren und den Anträgen stattzugeben. Mit der Beantragung einer Familienpflegezeit nach § 92a BBG ist auch gem. Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) zwingend die Gewährung eines Vorschusses verbunden.

zu 3.: außerhäusliche Betreuung eines minderjährigen Pflegebedürftigen Angehörigen

Eine gänzliche oder teilweise Reduzierung der Arbeitszeit zur außerhäuslichen Pflege eines minderjährigen pflegebedürftigen Angehörigen ist im Rahmen von § 92 BBG ohnehin bereits möglich (ohne Vorschuss).

Einen Antrag auf Familienpflegezeit nach § 92a BBG wegen Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen Angehörigen in außerhäuslicher (oder in häuslicher) Umgebung ist ebenso stattzugeben (unter gleichzeitiger Gewährung eines Vorschusses).

zu 4.: Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen:

Bis zum Inkrafttreten einer vorzunehmenden Änderung im BBG bitte ich im Vorgriff auf die geplante gesetzliche Anspruchsregelung, wie folgt zu verfahren:

Bei Anträgen von Beamten und –innen auf Freistellung für die Begleitung eines nahen Angehörigen soll großzügig verfahren und nach § 13 der Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte, Bundesbeamtinnen, Richter und Richterinnen des Bundes (Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) Sonderurlaub (ohne Besoldung) gewährt werden, wenn

  • Der nahe Angehörige an einer Erkrankung leidet, die progredient verläuft,

  • Die Erkrankung bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,

  • Eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig ist und

  • Von einer begrenzten Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten auszugehen ist.

Der entsprechende Nachweis durch ärztliche Bescheinigung ist dem Sonderurlaubsantrag anzufügen. In Anlehnung an das Pflegezeitgesetz sind „nahe Angehörige“ die Ehefrau oder der Ehemann, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner, das Kind, die Eltern, die Stiefeltern, die Geschwister sowie Schwägerinnen und Schwäger.

zu 5.: Erweiterung des Begriffs der „nahen Angehörigen“

Die Erweiterung des Begriffs der „nahen Angehörigen“ um Stiefeltern, lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften, Schwägerinnen und Schwäger gilt für die Verweisung in § 92a Abs. 1 Satz 1 BBG auf § 7 Abs. 3 PflegeZG bereits unmittelbar.

zu 6.: Vorschussregelung

Im Vorgriff auf eine vorzunehmende Änderung der Beamten-Pflegezeit-Vorschussverordnung (BPflZV) ist in § 1 Absatz 2 Satz 2 der BPflZV nicht mehr anzuwenden. Der Vorschuss ist also auszuzahlen, ohne dass zuvor ein Betrag in Höhe von 3 Prozent des Vorschusses abgezogen wird.

Mit dem 3-Prozent-Abzug wurde bisher die Tarifregelung wirkungsgleich auf den Beamtenbereich übertragen. Nachdem nunmehr im FPlZG und im PflegeZG für die Beschäftigten die – mit einer entsprechenden finanziellen Belastung verbundene – Verpflichtung einer Versicherung entfallen ist, besteht kein Anlass, für die Beamten weiterhin am 3-Prozent-Abzug festzuhalten.

zu 7.: Anspruch auf kurzfristige Freistellung zur Organisation einer Pflegesituation:

§ 2 Abs. 1 PflegeZG gibt Arbeitnehmern einen Anspruch auf Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine Pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Während dieser Zeit wird eine Lohnersatzleitung (Pflegeunterstützungsgeld) gezahlt, die etwa 90 % des Nettoarbeitslohns aus den beitragspflichtigen Arbeitsentgelt beträgt.

IM Vorgriff auf eine Änderung der SUrlV wird den obersten Bundesbehörden empfohlen. In Fällen einer Akutpflege naher Angehöriger bei Anträgen betroffener Beamten und Beamtinnen Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung für bis zu 9 Arbeitstage nach § 12 Absatz 3 Satz 1, 1. Halbsatz zu gewähren. Eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen im Sinne des § 14 Elftes Buch Sozialgesetzbuch ist dem Sonderurlaubsantrag anzufügen. Zum Begriff „nahe Angehörige“ vgl. Ziff. 4.

Die Beamten sind in geeigneter Weise darüber zu informieren, dass neben der Möglichkeit zur Beantragung von Familienpflegezeit nach § 92a BBG auch die Möglichkeit nach § 92 BBG zur Beantragung familienbedingter Teilzeit und Beurlaubung zur Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen (Abs. 1 S. 1b) besteht. Die und (nur) die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit ist zwingend (also ohne dass es eines entsprechenden Antrags bedürfe) mit der Gewährung eines Vorschusses verbunden (§ 7 BBesG). Sofern kein Vorschuss in Anspruch genommen werden soll, ist auf einen Antrag nach § 92 BBG abzustellen.

Bei Fragen zu den Punkten 1 bis 3 wenden Sie sich bitte an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, zu 4. Und 7. An Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und zu 6 an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.